Das ist einer der am häufigsten gestellten Fragen in der Straßenmalerei. Jeder Straßenkünstler kennt sie. Und ja, man kann davon leben.
Doch – wie bei allem – müssen die Zutaten stimmen, damit das Brot aufgeht. Der Anfang fällt vielleicht schwer. Vieles muss man beachten und möchte auch keine Gesetze verletzen.
Aber im Grunde ist Straßenkunst – egal welche Form – ein Ausprobieren in vielen Bereichen.
Wie stelle ich mich dar? Wie präsentiere ich meine Arbeit? Stimmt der Draht zu der örtlichen Ordnungsbehörde oder dem Wachdienst bei privatem Gelände.
Im Grunde ist alles eine kleine Show. Aber wer sich für die Rolle nicht verkleiden muss, der ist immer die beste Besetzung.
Also, mit guter Qualität kann man auch heute noch als Straßenmaler auf freier Wildbahn überleben.
Darf der Mann das?
Vielleicht! Aber wer geht schon hin und bemalt Tage lang den Boden ohne Genehmigung? Das ist nur mit Kreide möglich, weil die vom Regen weggespühlt wird.
Das ist auch in den meisten sogenannten westlichen Ländern kaum ein Risiko. Man beschädigt ja nichts mit der Kreide. Und wenn es Bedenken gibnt, kann man mit Wasser schnell demonstrieren, das da nichts übrig bleibt.
Wieviel Farbe braucht man für ein 3D Bild?
Das bestimmt hauptsächlich die Größe des Bildes. Aber auch der Untergrund ist entscheidend. Ist es alter ausgewaschener Asphalt, dann geht locker das Doppelte an Farbe drauf.
Bei normalen Gehwegplatten, die wenig Farbe aufnehmen, rechne ich mit der Hälfte der auf dem Farbeimer angegeben Fläche. Grob geschätzt sind das bei einem 300m² Bild schnell 50-80 Liter insgesamt.
Verwende ich Kreide, dann kommt man mit Mengenangaben nicht weit. Für die großen Flächen nehme ich Pigmente, also Farbpulver. Das geht deutlich schneller, als mit einem Kreidestift.
Kreidebilder sind maximal 100m² groß und Pigmente braucht man grob 5-10kg. Was an Kreide dann noch dazu kommt, liegt an der Kreide und dem Boden. Ist die Kreide sehr weich und bröckelig, kann man sich vorstellen, dass die schneller weg ist. Ist der Boden sehr rauh, gilt das Gleiche. Aber 50-100 Kreidestifte sind es sicher.
Wie lange hält ein 3D Bild?
Wie im richtigen Leben, ist auch hier alles relativ.
Wie gut hält die Farbe auf dem Boden? Ist es Kreide, ist die Frage schnell beantwortet: Bis zum nächsten Regen. Bei Farbe liegt es an der Qualität und welches Bindemittel verwendet wird. Da gibt es Acrylfarben, Dispersionsfarben, und eigen Mischungen, die umweltverträglicher sind. Letztere sind in der haltbarkeit auch sehr begrenzt. Ein paar Regenschauer gehen durch, aber langer, heftiger Regen zerstört ein mit z.B. Gouache basierten Farben gemaltes 3D Bild.
Die Plastikfarben sind da robuster und je nach Untergrund halten die Monate bis Jahre. Da ist das mit dem Plastik schon wieder relativ im Bezug auf Nachhaltigkeit.
Ja, es ist Plastik, aber es hält wesentlich länger. Jedes gestrichene Haus hat mehr Fläche. Ich suche noch immer nach einer geeigneten Ökofarbe, bin aber bis jetzt von den Ergebnissen enttäuscht. Vielleicht verwende ich ja bald nur farbige Sandkörner oder Gewürze. ich denke darüber nach. Mandalas werden ja auch so gemacht.
Wie funktioniert das mit dem 3D?
3D sind drei Dimensionen, ist klar. Die Anamorphose, und so heißt die Technik schon seit dem Mittelalter, macht aus 2D einen dreidimensionalen Eindruck.
Es kommt auf den Betrachterpunkt an. Der ist fix und wird als erstes bestimmt, wenn ich ein anamorphes Bild beginne.
Der Grund dafür ist ein Gesetz der Perspektive. Egal wo du auch stehst, alle Senkrechten, also Laternen, Häuserkanten, Türme, Straßenschilder usw., laufen auf deine Füße zu und treffen sich in einem Punkt direkt unter dir. Wenn du jetzt einen Schritt zur Seite gehst, fallen die ja nicht um, sondern stehen immer noch gerade da. Es sind ja auch dreidimensionale Objekte im Raum, durch den du dich bewegst. Und mit deiner Bewegung wandert dein Betrachterpunkt natürlich mit – er ist immer am gleichen Punkt bei dir, unabhängig wo du hingehst.
Bei einem zweidimensionalen Bild kann da nix wandern. Das ist gemalt und der Betrachterpunkt ist vorher festgelegt worden. Also musst du dich bewegen und genau zu dem Punkt gehen. Mit etwas Übung kann man den dreidimensionalen Effekt dann schon mit bloßem Auge erkennen. Ein Foto zeigt den Effekt aber eindeutig. Zum Vergleich zwei Fotos, die den Unterschied deutlich machen.
Ist Straßenmalerei ein Beruf?
Wie man sich denken kann, gibt es kein Praktikum oder eine Ausbildung. Es ist kein klassischer Lehrberuf. Steuerrechtlich zählt in Deutschland Straßenmalerei zu den freien Berufen unter Künstler. Künsterl*innen sind in Deutschland automatisch als Einzelunternehmer selbständig tätig. Das heißt, man trägt das volle Risiko eines Unternehmers.
In meinen Augen ist da aber ein entscheidender Unterscheid, ob ich einen Kiosk eröffne oder auf die Straße gehe und ein Bild male. Der Unterschied in der Motivation ist hoffentlich klar. Kioskbesitzer/*innen ist es egal, welche Zigarettenmarke oder Zeitschrift verkauft wird. Sie sind ganz sicher nicht emotional mit den angebotenen Produkten verbunden.
Emotional trifft es nicht ganz. Meine Schwester ist hardcore Managerin und ein typischer Hai im Becken des freien Marktes. Genau bei diesem Thema argumentierte sie, dass ich doch auch als Angestellter arbeiten könne. Dann wäre das Risiko als Unternehmer und auch die damit verbundenen hohen Steuern Geschichte. Es hat dann eine Weile gedauert, bis ich ihr klar machen konnte, dass Künstler oder Künstlerin zu sein eher einer Eigenschaft, einem Zustand entspricht, und nicht einer Entscheidung. Ich bin Künstler, nicht ich ich liefere Kunst ab. Ein fast unsichtbarer aber großer Unterschied aus meiner Sicht.
Meine Motivation ist, zu teilen, nicht zu verkaufen. Als ich mit der Straßenmalerie angefangen habe, war es ein Nebenjob zum Studium. Aber schon da waren die Einnahmen beruhigendes Nebenbei. Wenn ich das Lichtspiel von Carravaggio auf die Kölner Domplatte kopiere, dann nicht, um damit richtig Kohle zu machen. Ich bin dann so von einem Bild fasziniert gewesen, dass ich es kaum erwarten konnte, anderen meine Kopie zu zeigen und vor allem, wie das Bild entsteht. Da finde ich es nicht in Ordnung, das gleiche hohe Risiko eines Unternehmers tragen zu müssen.
Ein entscheidender Punkt ist auch, dass Künstler*innen von Natur aus selten auch talentierte Unternehmer sind. Somit ist bei vielen das berufliche Scheitern im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert.
Straßenmalerei ist also ein Beruf . Als Straßenmaler, oder Sraßenmalerin bist du auf dich selbst gestellt. Das hat grundsätzlich den Vorteil der künstlerischen Freiheit, sie folgt keinem Diktat außer deinem. In der Praxis sieht die Situation allerdings anders aus. Viele Aufträge werden erledigt, weil sie die Miete sichern. Das macht auch Spaß, hat aber mit Kunst nichts mehr zu tun.